00:00:00
Es ist der 30. Januar 1933.
00:00:02
In Berlin wird der Chef
00:00:04
der Nationalsozialistischen
Deutschen Arbeiterpartei Adolf Hitler
00:00:07
vom Reichspräsidenten von Hindenburg
zum Kanzler ernannt.
00:00:10
Die NSDAP
wird Teil der neuen Regierung.
00:00:12
Eine Regierung,
die innerhalb kürzester Zeit
00:00:14
die Demokratie in Deutschland
komplett abschaffen wird.
00:00:18
Nur ein Jahr später
herrscht im Land eine Diktatur.
00:00:21
Es gibt nur noch eine Partei.
00:00:22
Wesentliche Grundrechte
wurden abgeschafft,
00:00:24
die Gewaltenteilung
weitestgehend aufgelöst.
00:00:26
Die Gegner des neuen Regimes
werden mit aller Härte verfolgt.
00:00:30
Selbst die rechtskonservativen
Bündnispartner von 1933,
00:00:33
die der NSDAP zur Macht verholfen
haben, sind nicht mehr sicher.
00:00:37
In atemberaubendem Tempo
machen die Nationalsozialisten
00:00:40
aus einer jungen Demokratie
einen totalitären Staat.
00:00:44
Einen Staat, der auf eine Person
zugeschnitten ist: auf Adolf Hitler.
00:00:48
Als am 2. August 1934 Reichspräsident
Paul von Hindenburg stirbt,
00:00:52
ist der Weg zur absoluten Macht
für ihn frei.
00:00:56
Als Führer und Reichskanzler
00:00:57
kann Hitler Deutschland
nahezu uneingeschränkt beherrschen.
00:01:01
Was er auch macht,
00:01:02
bis zum selbstzerstörerischen
Untergang 1945.
00:01:06
Von der Demokratie zur Diktatur
in nur wenigen Monaten.
00:01:10
Könnte so etwas
auch bei uns heute passieren?
00:01:12
Ist es möglich, dass unser Land
so umgekrempelt wird?
00:01:15
Wie stabil ist unsere Demokratie?
00:01:17
Das sind Fragen, die ihr mir
in den vergangenen Wochen
00:01:20
oft gestellt habt.
00:01:21
Das hier
ist der Versuch einer Antwort.
00:01:23
(Lockere Musik)
00:01:26
(Abfallende Klänge)
00:01:31
Für Adolf Hitlers Propagandachef
Joseph Goebbels
00:01:33
ist die Sache ganz klar.
00:01:35
Wenn man die Demokratie
abschaffen möchte,
00:01:37
dann geht das am besten,
wenn man sie missbraucht.
00:01:39
Sie mit ihren eigenen Mitteln schlägt
und zerstört.
00:01:42
Schon 1928,
fünf Jahre vor der Machtübernahme
00:01:45
der Nationalsozialisten
in Deutschland,
00:01:47
schreibt Goebbels in der
Berliner Parteizeitung "Der Angriff":
00:02:20
Und man muss sagen:
00:02:21
Genau so haben es die
Nationalsozialisten auch gemacht.
00:02:24
Sie haben die Demokratie
mit ihren eigenen Waffen geschlagen.
00:02:27
Und dort, wo es nötig war,
auch Drohungen und Gewalt eingesetzt.
00:02:32
Reichstagsbrandverordnung,
Ermächtigungsgesetz,
00:02:35
dazu der Terror der Schlägertruppe
SA, ein Klima der Angst.
00:02:38
Schon nach wenigen Monaten
00:02:40
hatten die Nationalsozialisten
um Adolf Hitler
00:02:42
so ziemlich alles beseitigt,
00:02:44
was in der Weimarer Republik
aufgebaut worden war.
00:02:47
Die gesamte Demokratie.
00:02:48
Die demokratische Verfassung
war Geschichte.
00:02:51
Deutschland wurde nicht mehr
von verschiedenen Parteien
00:02:54
in Kombination,
in Koalitionen regiert,
00:02:56
sondern von einer einzigen Partei,
00:02:58
die von einer einzigen Person
angeführt worden ist.
00:03:00
Nämlich eben Adolf Hitler.
00:03:02
Aber wie war das überhaupt möglich?
00:03:04
Hatten die Leute, die die Verfassung
geschrieben haben, etwas übersehen?
00:03:07
Wie sieht es im Vergleich dazu
bei uns heute aus?
00:03:10
Zunächst mal muss man sagen:
00:03:11
Grundsätzlich war die Weimarer
Verfassung besser als ihr Ruf.
00:03:14
Zum ersten Mal
in der Geschichte des Landes
00:03:16
durften alle Deutschen, auch Frauen,
zur Wahl gehen und mitbestimmen.
00:03:19
Nicht ein Kaiser hatte das Sagen,
00:03:21
sondern demokratisch
gewählte Politiker.
00:03:23
Die Regierung konnte nicht
einfach machen, was sie wollte,
00:03:26
sondern sie war
auf Mehrheiten angewiesen
00:03:28
und darauf, Zustimmung
für ihre Projekte zu bekommen.
00:03:31
Alle Menschen im Land
hatten die gleichen Rechte.
00:03:34
Aus heutiger Sicht auf jeden Fall
eine positive Sache.
00:03:37
Allerdings hatte
die Weimarer Demokratie
00:03:39
auch zwei entscheidende Schwächen.
00:03:41
Erstens: Es gab kein zentrales
juristisches Kontrollorgan
00:03:44
für die Politik,
also ein Verfassungsgericht.
00:03:47
Zwar wurde 1921 in Leipzig
00:03:49
der "Staatsgerichtshof
für das Deutsche Reich" errichtet.
00:03:52
Dessen Kompetenzen waren aber
überhaupt nicht vergleichbar
00:03:55
mit denen des heutigen
Bundesverfassungsgerichts
00:03:58
bei uns in Deutschland.
00:03:59
Gesetze verhindern konnte das Gericht
zum Beispiel kaum.
00:04:02
Die Regierung hatte also
kein richtiges Kontrollorgan.
00:04:05
Und zweitens: Deutlich mehr Macht
hatte der Reichspräsident.
00:04:09
Auch um den Übergang
von der Monarchie zur Demokratie
00:04:11
für die Menschen
einfacher zu gestalten,
00:04:13
wurde der Präsident eine Art, ja,
man kann schon sagen Ersatzkaiser,
00:04:17
zumindest
was seine Stellung betrifft.
00:04:19
Der Reichspräsident
wurde direkt vom Volk gewählt
00:04:21
und hatte extrem viel Macht,
extrem viel Einfluss.
00:04:24
Er hat nicht nur den Staat
völkerrechtlich nach außen vertreten,
00:04:27
war also gleichzeitig Außenminister,
00:04:29
er war auch
Oberbefehlshaber über die Armee.
00:04:31
Hat den Kanzler ernannt und entlassen
00:04:33
und auf dessen Vorschlag
auch die Minister.
00:04:35
Und er konnte jederzeit
das Parlament auflösen
00:04:38
und Grundrechte außer Kraft setzen.
00:04:41
Aus heutiger Sicht wirkt das
nicht sehr demokratisch,
00:04:43
so viel Macht auf eine Person
zu konzentrieren.
00:04:45
Für den Beginn der Demokratie in
Deutschland war das aber sinnvoll,
00:04:48
sagen Historiker heute.
00:04:50
Gerade in den ersten Jahren
gab es sehr viel Gegenwind.
00:04:52
Immer wieder
war das System in Gefahr.
00:04:54
Denn die Weimarer Republik
00:04:56
musste gleich mit einer ganzen Reihe
von Krisen fertig werden,
00:04:58
wie sie die Bundesrepublik bisher
nie zu erleiden hatte.
00:05:02
Bewaffnete Gewalt im Inland,
bitterste wirtschaftliche Not,
00:05:04
schwere Spannungen und Konflikte
in Nachbarstaaten,
00:05:07
nicht selten sogar mehrere Krisen
zur gleichen Zeit.
00:05:10
Nur ein Reichspräsident mit
starker Hand konnte dagegenhalten.
00:05:14
Bei Friedrich Ebert war das der Fall.
00:05:15
Insbesondere das Krisenjahr 1923
hat das bewiesen.
00:05:19
Paul von Hindenburg dagegen
war alles andere als ein Demokrat.
00:05:23
Er wurde am Ende zum
Erfüllungsgehilfen von Adolf Hitler.
00:05:26
Denn Hitler und die NSDAP
00:05:28
haben genau diese Schwachstellen
erkannt und ausgenutzt.
00:05:31
Wie von Joseph Goebbels vorhergesagt,
00:05:33
haben sie die Demokratie
mit ihren eigenen Mitteln beseitigt.
00:05:36
Und das Ergebnis, das ist ja bekannt.
00:05:40
Ein Zeitsprung.
September 1948.
00:05:42
In Bonn tritt zum ersten Mal
der Parlamentarische Rat zusammen,
00:05:46
eine gewählte Versammlung
mit einer klaren Aufgabe:
00:05:48
eine neue Verfassung
für ein neues Land auszuarbeiten.
00:05:51
Die Bundesrepublik Deutschland.
00:05:53
Bestehend aus den drei
westlichen Besatzungszonen.
00:05:55
Das Ziel dabei war klar:
00:05:56
Die Geschichte
darf sich nicht wiederholen.
00:05:59
Niemals wieder darf es möglich sein,
00:06:01
dass ein demokratisches System
in Deutschland
00:06:03
ausgehöhlt und beseitigt wird.
00:06:05
Die Antwort darauf ist das hier.
00:06:08
Das Deutsche Grundgesetz,
00:06:09
die Verfassung
der Bundesrepublik Deutschland.
00:06:11
In diesem kleinen Büchlein
ist geregelt,
00:06:13
wie unser Staat aufgebaut ist,
wie er organisiert wird
00:06:16
und welche Rechte wir alle haben.
00:06:18
Und das schon ziemlich lang.
00:06:19
75 Jahre alt
wird das Grundgesetz 2024.
00:06:22
Verkündet wurde es am 23. Mai 1949.
00:06:27
Und auch wenn es in einigen Bereichen
immer mal wieder geändert
00:06:30
und an aktuelle Entwicklungen
angepasst worden ist,
00:06:32
die wesentlichen Teile von 1949
sind bis heute gleich geblieben.
00:06:36
Und dabei ganz zentral ist,
dass man aus Weimar gelernt hat.
00:06:40
Zum einen gibt es inzwischen
ein Bundesverfassungsgericht,
00:06:42
das die Politik kontrolliert
00:06:43
und im Zweifelsfall Gesetze
wieder einkassieren kann.
00:06:46
Und zum anderen ist der Ersatzkaiser
abgeschafft worden.
00:06:49
Es gibt zwar noch einen Präsidenten,
den Bundespräsidenten,
00:06:52
aber der hat vor allem
repräsentative Funktionen.
00:06:54
Und der Bundeskanzler
deutlich weniger Macht
00:06:57
als der Reichspräsident früher.
00:06:59
Er kann weder einfach das Parlament,
also den Bundestag, auflösen,
00:07:03
noch kann er ohne Weiteres
Grundrechte außer Kraft setzen.
00:07:06
Eines der wesentlichen Elemente
unserer Verfassung ist,
00:07:09
das wisst ihr sicherlich,
dass die Macht im Land geteilt ist,
00:07:12
zwischen Legislative,
Exekutive und Judikative
00:07:15
und auch zwischen dem Bund
und den Ländern zum Beispiel.
00:07:19
Insgesamt gibt es in Deutschland,
da sag ich euch nichts Neues,
00:07:21
16 Bundesländer,
die jeweils eigene Regierungen haben,
00:07:24
einen eigenen Machtbereich,
00:07:26
und dazu auch noch
über den Bundesrat organisiert sind
00:07:29
und an Gesetzgebungsverfahren
mitwirken.
00:07:30
Ohne den Bundesrat
geht in Deutschland gar nichts.
00:07:33
Wer zum Beispiel das Grundgesetz
ändern möchte,
00:07:35
der braucht
dafür eine Zweidrittelmehrheit,
00:07:37
und zwar nicht nur im Bundestag,
sondern eben auch im Bundesrat.
00:07:40
Das ist gar nicht so einfach,
die Hürden sind also hoch gesetzt.
00:07:44
Außerdem gibt es zwei Artikel,
00:07:45
die im Grundgesetz
gar nicht geändert werden dürfen.
00:07:47
Nämlich Artikel eins,
in dem es um die Grundrechte geht,
00:07:50
und Artikel 20, der festlegt,
dass Deutschland eine Demokratie ist,
00:07:54
und der sich auch
mit dem Föderalismus beschäftigt.
00:07:58
Unser demokratisches System
ist also so ausgelegt,
00:08:00
dass einer allein
oder eine Partei allein
00:08:03
nicht wirklich die komplette Macht
an sich reißen
00:08:05
und alle anderen ausschalten kann.
00:08:07
Weder auf demokratischem Weg
noch mit Gewalt.
00:08:10
Es klingt alles so weit gut
und so, als hätten wir
00:08:12
aus dem Nationalsozialismus
die richtigen Lehren gezogen.
00:08:15
Trotzdem wird momentan
viel darüber gesprochen,
00:08:17
dass unsere Demokratie
unter Druck sei,
00:08:19
dass es Unsicherheiten gäbe, dass
vielleicht sogar eine Gefahr besteht,
00:08:22
dass die Demokratie ausgehöhlt
oder abgeschafft wird.
00:08:25
Das belegen zum Beispiel
aktuelle Umfragen,
00:08:27
unter anderem die Studie
"Demokratievertrauen in Krisenzeiten"
00:08:30
der SPD-nahen
Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:08:32
Eine Studie, für die insgesamt
rund 2.500 volljährige Menschen
00:08:36
in ganz Deutschland
befragt worden sind.
00:08:38
Dabei kam unter anderem heraus:
00:08:39
Knapp weniger als
die Hälfte der befragten Menschen
00:08:41
ist mit der Art und Weise,
00:08:43
wie die Demokratie in Deutschland
funktioniert,
00:08:45
zufrieden oder sehr zufrieden.
Die Unzufriedenheit überwiegt.
00:08:47
Fast die Hälfte der Befragten finde,
00:08:49
dass sich der Zustand der Demokratie
in Deutschland
00:08:51
in den vergangenen Jahren
verschlechtert hat.
00:08:54
Und 40 Prozent sagen,
es mache keinen Unterschied,
00:08:57
wer gerade an der Regierung sei.
00:08:59
Andere Untersuchungen kommen
zu ganz ähnlichen Ergebnissen,
00:09:02
wenn es um die Zufriedenheit mit
der Demokratie in Deutschland geht.
00:09:05
Und auch, wenn es immer noch
eine klare Mehrheit
00:09:08
für die allgemeine Aussage gibt,
dass die Demokratie generell
00:09:11
die beste Herrschaftsform
für Deutschland ist, kann man sehen,
00:09:13
der Rückhalt
für unser demokratisches System,
00:09:16
wie es aktuell gelebt wird,
der bröckelt.
00:09:19
Und je weniger
überzeugte Demokraten es gibt,
00:09:21
desto gefährlicher ist das
für die Demokratie.
00:09:23
Dabei ist ganz zentral die
Unzufriedenheit mit der Demokratie
00:09:27
und die Unzufriedenheit
mit der Politik -
00:09:29
hängen ganz eng zusammen.
00:09:31
Darauf weist zum Beispiel
die Landeszentrale
00:09:33
für politische Bildung
in Baden-Württemberg hin.
00:09:35
Zitat:
00:09:52
Ja, und verstärkt wird das
auch noch dadurch,
00:09:54
dass man vielleicht unzufrieden
mit der aktuellen Regierung ist
00:09:57
und das dann entsprechend projiziert.
00:09:58
Das ist ein Punkt, an den vor allem
populistische Parteien anknüpfen.
00:10:01
Sie sagen zum Beispiel:
"Was die anderen machen, geht nicht."
00:10:04
"Wählt uns,
wir machen das komplett anders."
00:10:06
Für komplexe Probleme
00:10:08
werden vermeintlich
einfache Lösungen angeboten.
00:10:10
Dabei wird indirekt auch
00:10:11
das demokratische Prinzip
infrage gestellt,
00:10:13
das grundsätzlich
auf Kompromisse und Ausgleich
00:10:16
zwischen verschiedenen Parteien
ausgerichtet ist.
00:10:18
Nicht darauf, dass eine Partei
allein sagt, wo es lang geht.
00:10:21
Das funktioniert auf Dauer
in einer Demokratie nicht.
00:10:24
Besonders erfolgreich ist dabei die
Alternative für Deutschland, die AfD.
00:10:27
Politiker der AfD
bezeichnen die anderen Parteien
00:10:30
oft pauschal als Altparteien.
00:10:32
Oder in Anlehnung
00:10:33
an das gleichgeschaltete politische
System der DDR als Blockparteien.
00:10:37
Einzelne Landesverbände der AfD
00:10:39
werden inzwischen
vom Bundesverfassungsschutz
00:10:41
als gesichert rechtsextrem
eingestuft.
00:10:43
Mehr dazu hab ich euch unten
in der Infobox verlinkt.
00:10:46
Der Vorwurf
der Verfassungsschützer ist,
00:10:48
die AfD sei in Teilen
eine extremistische Partei,
00:10:51
die sich abseits des demokratischen
Spektrums bewegen würde.
00:10:54
Zur AfD in Sachsen schreibt
der Verfassungsschutz zum Beispiel,
00:10:57
sie würde, Zitat:
00:10:58
"verfassungsfeindliche Ziele
verfolgen".
00:11:01
So heißt es
in einer Pressemitteilung.
00:11:03
Auch die hab ich euch
unten in der Infobox verlinkt.
00:11:05
Die AfD selbst streitet
diese Vorwürfe vehement ab.
00:11:08
Sie bezeichnet sich zum Beispiel
immer wieder als "Rechtsstaatpartei",
00:11:12
die auf dem Boden
unserer Verfassung stehen würde.
00:11:14
Ganz zentral dabei ist,
00:11:15
die Umfragewerte in den drei
ostdeutschen Bundesländern,
00:11:18
in denen dieses Jahr gewählt wird,
sind für die AfD extrem hoch.
00:11:21
Und auch auf kommunaler Ebene
könnte die Partei dieses Jahr
00:11:24
noch einige Erfolge einfahren.
00:11:26
Das macht die Partei relevant.
00:11:27
Unter anderem aus Sorge deshalb
sind in den vergangenen Wochen
00:11:30
überall in Deutschland
Menschen auf die Straße gegangen,
00:11:32
um zu demonstrieren.
00:11:33
Es gibt auch eine Petition
zu einem Verbotsantrag gegen die AfD,
00:11:37
die rund 800.000 Unterschriften
gesammelt hat.
00:11:40
Zusammengefasst gesagt,
es besteht die Sorge,
00:11:42
eine Partei wie die AfD könnte,
wenn sie an die Macht kommt,
00:11:45
unsere Demokratie ausnutzen
und sie ein Stück weit aushöhlen.
00:11:49
Aber ist das überhaupt möglich?
00:11:52
Wir haben ja schon
darüber gesprochen,
00:11:53
dass unser System
eigentlich sehr stabil ist
00:11:56
und dass es gar nicht
so viele Hebel gibt,
00:11:57
an denen man da drehen könnte.
00:11:59
Und dass es immer wieder auch
00:12:00
verschiedene Kontrollmechanismen
gibt, die da eingezogen sind.
00:12:03
Na ja, auf den ersten Blick
sieht es auch entspannt aus.
00:12:06
Denn selbst, wenn
eine demokratiefeindliche Partei
00:12:08
zum Beispiel in einem Bundesland
an die Regierung kommen würde,
00:12:12
entweder mit absoluter Mehrheit
oder zumindest mit einer Mehrheit,
00:12:16
die sie dazu befähigt, zu regieren,
00:12:18
gäbe es ja immer noch
verschiedene Kontrollmechanismen,
00:12:20
die greifen würden.
00:12:21
Und eine Zweidrittelmehrheit
für eine Verfassungsänderung
00:12:24
wäre eher unrealistisch.
00:12:25
Also, alle Sorgen
eigentlich unberechtigt, oder?
00:12:28
Nein, auf gar keinen Fall, sagt
zum Beispiel Maximilian Steinbeis.
00:12:31
Er ist Chef der Website
"Verfassungsblog"
00:12:34
und untersucht schon
seit längerer Zeit mit seinem Team,
00:12:36
wie Extremisten in Deutschland
die Demokratie abschaffen könnten.
00:12:40
Und im Zentrum steht dabei
eine ganz banale Sache.
00:12:43
Nämlich der Mensch.
00:12:45
Denn alle
demokratischen Institutionen,
00:12:47
die wir in Deutschland haben,
00:12:49
sind nur so stabil,
wie es ihre Akteure auch sind.
00:12:52
Das heißt, klar,
wir haben ein Verfassungsgericht.
00:12:55
Aber was wäre denn,
wenn die Mehrheit der Richter
00:12:58
dort gar nicht
demokratisch ticken würde?
00:13:00
In seinem Essay
"Der Volkskanzler"
00:13:02
hat Steinbeis
vor einigen Jahren beschrieben,
00:13:04
wie das passieren könnte.
00:13:06
Nämlich so wie in der Realität
zum Beispiel in Polen.
00:13:09
Zumindest ansatzweise.
00:13:11
In Polen hat die bis vor wenigen
Monaten regierende PiS-Partei
00:13:14
ein Gesetz auf den Weg gebracht,
00:13:16
mit dem eine Altersgrenze
für Richter festgelegt wurde.
00:13:18
Die gab es bis dahin nicht.
00:13:20
Damit sind auf einen Schlag
enorm viele Richter
00:13:22
in den Ruhestand versetzt worden.
00:13:24
Und die dann frei gewordenen Plätze
wurden in vielen Bereichen
00:13:28
mit Leuten aus dem Umfeld
der PiS besetzt,
00:13:30
die damit direkten Einfluss
auf die Gerichte bekommen hat.
00:13:33
Auch das Verfassungsgericht
gehört dazu
00:13:35
und der Oberste Gerichtshof.
00:13:36
Und wozu das führt,
das sieht man jetzt.
00:13:39
Zwar ist die PiS
inzwischen abgewählt worden,
00:13:41
aber die neue Regierung
kommt trotzdem kaum an ihr vorbei.
00:13:44
Denn egal wo,
überall sitzen noch Leute der PiS
00:13:47
und regieren sozusagen
indirekt mit.
00:13:50
Ähnlich sieht es auch in Ungarn aus.
00:13:52
Und bei uns?
Könnte das auch passieren?
00:13:55
Ja, sagt Maximilian Steinbeis.
00:13:57
In einem Interview
mit der "Süddeutschen Zeitung",
00:13:59
in dem er auf die AfD angesprochen
worden ist, meint er sinngemäß,
00:14:02
unser System in Deutschland
beruht auf der Annahme,
00:14:05
dass alle Demokraten,
egal in welcher Partei sie sind,
00:14:08
welche politischen Ansichten
sie haben,
00:14:09
sich zu bestimmten Werten bekennen,
nämlich eben zu unserer Demokratie.
00:14:13
Und weiter wörtlich:
00:14:34
Ja, diese staatlichen Institutionen,
von denen Steinbeis da spricht,
00:14:37
könnte zum Beispiel auch
der Verfassungsschutz sein,
00:14:39
die Polizei oder eben auch Gerichte.
00:14:41
Aber ist das nicht heute
auch schon so?
00:14:43
Immerhin haben ja alle anderen
Parteien genau diese Möglichkeiten.
00:14:46
Und die aktuellen Regierungen haben
ja entsprechenden Einfluss.
00:14:49
Ja, das ist so, sagt zum Beispiel
00:14:50
die Verfassungsrechtlerin
Nora Markard,
00:14:52
ebenfalls im Interview
mit der "Süddeutschen Zeitung".
00:14:55
Allerdings sei es bisher so,
dass es üblich sei,
00:14:57
die Ämter nicht zu politisieren.
00:14:59
Das sei also so eine Art
demokratischer Konsens.
00:15:02
Und zum Beispiel bei Richtern
wäre es so, dass man sagt,
00:15:04
okay, die haben zwar
einen Parteihintergrund,
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aber in ihrem Amt sind sie neutral.
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Das könnte sich unter Umständen
drehen, sagt Markard.
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Das heißt,
die wahrscheinlichste Option,
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wie die Demokratie in Deutschland
abgeschafft werden könnte,
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ist nicht der große Knall
oder das eine allumfassende Gesetz,
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sondern es ist ein langsamer
Umbau der Institutionen,
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die Schritt für Schritt an die
regierende Partei gebunden werden,
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sodass es immer schwieriger wird,
gegen sie anzukommen.
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Wo wir grade viel
über Länder gesprochen haben,
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kommen wir noch zur Bundesebene,
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da wäre das sicher
das Verfassungsgericht.
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Dazu sagt Steinbeis:
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Ja, und wenn das erst mal
eingeleitet sei,
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dann seien Wahlen auch nicht mehr
so entscheidend, sagt Steinbeis.
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Das zeige das Beispiel Ungarn.
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Denn dort hätten viele den Eindruck,
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egal, welche Partei am Ende
die Mehrheit bekommt,
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die aktuell regierende Partei
hat sowieso überall so viel Einfluss,
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dass sich gar nichts ändern würde.
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Also könne man direkt sozusagen
das Original wählen.
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So könnte ein Abschaffen
der Demokratie
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paradoxerweise dazu führen,
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dass diejenigen,
die sie abschaffen,
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immer noch mehr Zuspruch
bekommen würden bei Wahlen.
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Eine Partei könnte also,
wenn sie einmal an der Macht ist,
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nach und nach
das komplette System umbauen.
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Nicht auf einmal,
aber nach und nach.
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Nämlich indem sie die
aus ihrer Sicht richtigen Menschen
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an den entscheidenden Stellen
platziert.
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Gleichzeitig sagen Experten
aber auch,
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es kommt immer darauf an,
wie viele Demokraten
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sich in einer Gesellschaft
gegen so eine Entwicklung stellen.
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Letztendlich kommt es auf uns an
und darauf,
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die Entwicklungen
genau zu beobachten
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und entsprechend zu reagieren.
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In Israel, zum Beispiel,
musste die aktuelle Regierung
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eine geplante Justizreform
nach großen Protesten
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teilweise wieder zurücknehmen.
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Die Reform hätte zu Einschnitten
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im demokratischen System
des Landes geführt, sagen Beobachter.
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Das heißt,
die Stärken der Demokratie
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könnten gegen ihre Schwächen
eingesetzt und ausgespielt werden.
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Die Macht des Volkes
gegen die Macht einzelner -
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einzelner Menschen
oder einzelner Parteien.
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Wie sieht's denn bei euch aus:
00:17:17
Macht ihr euch Sorgen
um unsere Demokratie?
00:17:18
Wo lauern, eurer Meinung nach,
die Gefahren?
00:17:21
Schreibt's gerne unten
in die Kommentare.
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Und hier neben mir findet ihr
außerdem noch ein Video
00:17:25
über die Folgen
eines Verbots der AfD.
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Ich habe das vorhin
schon mal thematisiert,
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wird von einigen Menschen gefordert.
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Und ein Video zu einem Land,
00:17:33
in dem die Demokratie
auch unter Druck steht,
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wie in vielen anderen
demokratischen Ländern, den USA.
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Danke euch fürs Zuschauen,
bis zum nächsten Mal.