Tagebücher aus der NS-Zeit | Hitlers Volk - Ein deutsches Tagebuch | Doku

00:53:52
https://www.youtube.com/watch?v=Aki6uWTQLeQ

概要

TLDRDer Film "Hitler und die Deutschen" untersucht die verschiedenen Reaktionen und Erfahrungen von Menschen in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus. Durch die Erzählungen von acht Protagonisten, die Tagebuch führten, wird ein facettenreiches Bild der Gesellschaft zwischen 1933 und 1945 gezeichnet. Die Geschichten reichen von der Begeisterung für Hitler und die NSDAP bis hin zu Verzweiflung und Angst unter den Juden und politischen Gegnern. Der Film beleuchtet die gesellschaftlichen Veränderungen, die durch Hitlers Aufstieg zur Macht und den darauffolgenden Krieg verursacht wurden, und zeigt, wie die Menschen auf die politischen Ereignisse reagierten.

収穫

  • 📅 1933: Hitler wird Reichskanzler!
  • 📖 Acht Tagebücher erzählen von Schicksalen.
  • 😨 Menschen fürchteten um ihr Leben.
  • 🎉 Begeisterung für die NSDAP bei vielen.
  • 📉 Politische Gegner wurden verfolgt.
  • 🕊️ Juden litten unter Diskriminierung.
  • 👧 Hitler-Jugend als Indoktrination.
  • ⚖️ Gesellschaft war zerrissen.
  • 📜 Politische Veränderungen prägten das Leben.
  • 🕰️ 1945: Ende des Zweiten Weltkriegs.

タイムライン

  • 00:00:00 - 00:05:00

    Die Dokumentation beleuchtet die verschiedenen Perspektiven der Deutschen, die 1933 Adolf Hitler wählten oder unter seinem Regime litten. Acht Tagebücher erzählen von den Schicksalen der Menschen im Nationalsozialismus, die zwischen Loyalität, Karriere, Verzweiflung und Tod gefangen waren.

  • 00:05:00 - 00:10:00

    Franz Schall, ein begeisterter Nationalsozialist, feiert Hitlers Ernennung zum Reichskanzler und sieht große Möglichkeiten für Deutschland. Er ist optimistisch und glaubt an eine positive Wende in der Politik.

  • 00:10:00 - 00:15:00

    Matthias Joseph Mehs, ein Demokrat und Stadtverordneter, beobachtet mit Besorgnis die zunehmende Gewalt und den Terror der SA. Er fühlt sich machtlos und sieht die politischen Veränderungen als bedrohlich an.

  • 00:15:00 - 00:20:00

    Luise Solmitz, eine Hausfrau, ist von Hitlers Fackelzug begeistert und sieht darin eine positive nationale Bewegung. Ihre Tochter Gisela ist ebenfalls von der Begeisterung angesteckt und wünscht sich, dass ihre Familie Hitler wählt.

  • 00:20:00 - 00:25:00

    Wilhelm Cohn, ein jüdischer Lehrer, ist entsetzt über die antisemitische Propaganda und die Schuldzuweisungen an die Juden. Er kämpft mit seinen Gefühlen der Liebe zu Deutschland und der Realität des aufkommenden Antisemitismus.

  • 00:25:00 - 00:30:00

    Die Reichstagswahl bringt einen Sieg für Hitler, was die Machtverhältnisse in Deutschland radikal verändert. Die Menschen sind euphorisch, während die Juden in Angst leben müssen.

  • 00:30:00 - 00:35:00

    Franz Schall wird in der Hitler-Jugend aktiv und sieht seine Zukunft in der nationalsozialistischen Bewegung. Er ist entschlossen, seinen Beitrag zu leisten und die Jugend zu mobilisieren.

  • 00:35:00 - 00:40:00

    Matthias Mehs beobachtet die zunehmende Diskriminierung der Juden und ist schockiert über die Barbarei, die sich in seiner Stadt abspielt. Er beginnt, seine Haltung zu überdenken.

  • 00:40:00 - 00:45:00

    Luise Solmitz ist enttäuscht von Hitlers Boykott gegen jüdische Geschäfte und erkennt die Gefahren, die der Nationalsozialismus für ihre Familie birgt, insbesondere für ihren Ehemann mit jüdischen Wurzeln.

  • 00:45:00 - 00:53:52

    Die Nürnberger Gesetze werden verkündet, was für die jüdische Familie Solmitz ein bürgerliches Todesurteil darstellt. Gisela wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, während andere, wie Inge Thiele, die Gesetze befürworten und sich dem Regime anpassen.

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マインドマップ

ビデオQ&A

  • Was ist das Hauptthema des Films?

    Der Film thematisiert die verschiedenen Perspektiven von Menschen in Deutschland während des Nationalsozialismus.

  • Wie viele Tagebücher werden im Film vorgestellt?

    Acht Tagebücher werden im Film vorgestellt.

  • Was geschah 1933 in Deutschland?

    Adolf Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt.

  • Wie reagierten die Menschen auf Hitlers Ernennung?

    Die Reaktionen reichten von Begeisterung bis zu Angst und Verzweiflung.

  • Was passierte 1945?

    Der Zweite Weltkrieg endete.

  • Wie wird das Leben der Juden im Film dargestellt?

    Das Leben der Juden wird als leidvoll und von Diskriminierung geprägt dargestellt.

  • Welche Rolle spielt die Hitler-Jugend im Film?

    Die Hitler-Jugend wird als ein Ort der Begeisterung und Indoktrination für junge Menschen dargestellt.

  • Wie wird die politische Stimmung in Deutschland beschrieben?

    Die politische Stimmung wird als angespannt und von Angst geprägt beschrieben.

  • Was geschah mit den politischen Gegnern der Nazis?

    Politische Gegner wurden verfolgt und in Konzentrationslager gebracht.

  • Wie wird die Familie Solmitz im Film dargestellt?

    Die Familie Solmitz wird als gutbürgerlich und von den politischen Veränderungen betroffen dargestellt.

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    Hitler und die Deutschen.
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    Wer waren die Menschen, die 1933 Hitler wählten,
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    ihm vertrauten, ihn verachteten oder um ihr Leben fürchteten?
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    Was dachten sie, als 1939 der Krieg ausbrach?
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    Und woran glaubten sie noch 1945, als er endete?
  • 00:00:27
    Acht Tagebücher erzählen vom Leben im Nationalsozialismus.
  • 00:00:32
    Acht Schicksale aus Deutschland -
  • 00:00:35
    zwischen Gefolgschaft, Karriere,
  • 00:00:38
    Erwachsenwerden, Zerrissenheit, Verzweiflung und Tod.
  • 00:00:46
    * düstere Musik *
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    * Klingeln *
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    Franz Schall ist begeisterter Nationalsozialist.
  • 00:01:14
    Seit zwei Jahren ist er in der Hitler-Jugend,
  • 00:01:17
    seit einem halben Jahr in der NSDAP.
  • 00:01:22
    Vor ein paar Tagen wurde er 20.
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    Sein großes Vorbild ist Adolf Hitler,
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    der wird zum Reichskanzler ernannt.
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    Franz Albrecht Schall sieht seine Zeit gekommen.
  • 00:01:41
    Er notiert in sein Tagebuch:
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    30. Januar 1933.
  • 00:01:51
    Adolf Hitler Reichskanzler!
  • 00:01:56
    Bald weht frischer Wind in Deutschland
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    und es wird manches anders werden.
  • 00:02:02
    Es kam für uns etwas plötzlich. Ich selbst bin noch halb ungläubig.
  • 00:02:06
    Welche Möglichkeiten tun sich jetzt auf!
  • 00:02:10
    Hitler an des Reiches Spitze,
  • 00:02:13
    für das er 14 Jahre lang fanatisch und zielsicher gekämpft hat.
  • 00:02:17
    * Menge jubelt. *
  • 00:02:19
    Jetzt soll Deutschland einen Mann kennenlernen,
  • 00:02:22
    der aus Not und Schmach ein Volk schmieden wird,
  • 00:02:26
    das der Welt endlich Trotz bieten kann.
  • 00:02:38
    Wittlich, Stadt in der Eifel im Westen Deutschlands.
  • 00:02:42
    Katholisch, konservativ.
  • 00:02:52
    Hier lebt Matthias Joseph Mehs, 39,
  • 00:02:56
    mit Helene Mehs und den beiden Töchtern Maria und Margrethe.
  • 00:03:04
    Er ist Demokrat, gläubig,
  • 00:03:06
    Stadtverordneter der katholischen Zentrumspartei.
  • 00:03:11
    Vor elf Jahren hat Matthias Mehs den väterlichen Gasthof übernommen.
  • 00:03:15
    Jeder kennt ihn, den Gastwirt.
  • 00:03:20
    Fast täglich schreibt er Tagebuch.
  • 00:03:22
    * 30er Jahre Musik *
  • 00:03:27
    In der Wirtsstube sitzen wir heute Abend ruhig beisammen
  • 00:03:31
    und unterhalten uns über die politischen Ereignisse.
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    Da kommt auf einmal mit festem Schritt ein SA-Mann ins Haus,
  • 00:03:44
    macht richtig die Tür auf,
  • 00:03:47
    sieht uns an, als ob er unsere Personalien feststellen wollte
  • 00:03:52
    und geht wieder weg.
  • 00:03:56
    Also Spitzel, also Terror.
  • 00:04:00
    Eine Ungeheuerlichkeit.
  • 00:04:03
    Das also ist die Ära Hitler.
  • 00:04:06
    Ein Mittel dagegen? Anzeigen?
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    Ein flammender Protest in der Zeitung?
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    Mir scheint das alles zwecklos.
  • 00:04:15
    Die Uniformen, der Gleichschritt, die Fahnen, das Spitzeln,
  • 00:04:20
    all das wird von selbst verschwinden.
  • 00:04:30
    Das Wohnhaus der Familie Solmitz, gutbürgerliche Hamburger Gegend.
  • 00:04:38
    Luise Solmitz, 44, früher Lehrerin, jetzt Hausfrau.
  • 00:04:43
    Friedrich Solmitz, Unternehmer, Offizier a. D.
  • 00:04:49
    Schon lange sind die beiden ein Paar.
  • 00:04:51
    Gewählt wird deutsch-national.
  • 00:04:54
    Vom neuen Reichskanzler ist Luise Solmitz angetan,
  • 00:04:57
    wie auch die zwölfjährige Tochter Gisela.
  • 00:05:00
    Seit vielen Jahren führt Luise Solmitz Tagebuch.
  • 00:05:04
    * Gesang *
  • 00:05:07
    6. Februar 1933.
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    Fackelzug der Nationalsozialisten.
  • 00:05:14
    Ein wunderbar erhebendes Erlebnis für uns alle.
  • 00:05:19
    Gisela mit.
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    Die ersten Fackeln kamen,
  • 00:05:23
    dann folgten, wie Wellen im Meer, 20.000 Braunhemden.
  • 00:05:28
    Begeistert leuchteten die Gesichter im Fackelschein.
  • 00:05:32
    Ich sagte Gisela, sie solle bis zum Schluss bleiben,
  • 00:05:35
    denn Kinder hätten bisher
  • 00:05:37
    überaus klägliche politische Eindrücke gehabt,
  • 00:05:40
    dass sie einen starken nationalen Eindruck erinnern sollten.
  • 00:05:45
    Unserm Führer, unserm Reichskanzler Adolf Hitler ein dreifaches Heil!
  • 00:05:52
    Wir waren wie berauscht vor Begeisterung,
  • 00:05:55
    geblendet vom Licht der Fackeln vor unseren Gesichtern,
  • 00:05:58
    immer in ihrem Dunst, wie in einer süßen Wolke von Weihrauch.
  • 00:06:05
    "Juda, verrecke!" wurde auch mal gerufen und vom Judenblut gesungen,
  • 00:06:10
    das vom Messer spritzen sollte.
  • 00:06:18
    Auf Wunsch Hitlers wurde schon einen Tag nach seiner Ernennung
  • 00:06:21
    der Reichstag aufgelöst, Neuwahlen angesetzt.
  • 00:06:29
    Wahlkampfauftakt. Hitler-Rede, 10. Februar.
  • 00:06:35
    Seine erklärten Gegner: Juden, Demokraten, Marxisten.
  • 00:06:42
    Damals gelobte ich mir zum ersten Mal
  • 00:06:46
    als unbekannter Einzelner diesen Krieg zu beginnen
  • 00:06:50
    und nicht zu ruhen, bis endlich diese Erscheinung
  • 00:06:54
    aus dem deutschen Leben beseitigt sein würde!
  • 00:06:57
    Und dann ...
  • 00:06:59
    Ich hörte Hitler am Radio. Er sprach in Berlin im Sportpalast.
  • 00:07:04
    Ich verstehe jetzt, dass ihm die Massen nachlaufen.
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    Er hat ein gewaltiges Organ,
  • 00:07:11
    brüllt wie ein Stier.
  • 00:07:12
    Ihm fehlt alles Maß.
  • 00:07:16
    Wie kann ein Volk so einen Triebmenschen
  • 00:07:18
    zum Reichskanzler machen?
  • 00:07:20
    ... das neue deutsche Reich der Größe und der ...
  • 00:07:23
    Kraft hat er, aber keinen Geist.
  • 00:07:26
    ... und der Gerechtigkeit. Amen!"
  • 00:07:29
    (Menge) Heil!
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    Das war der Weg, den wir zu gehen haben.
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    Alle für einen, einer für alle.
  • 00:07:39
    Hitler wird Menschen genug brauchen,
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    die ihm auf allen Gebieten seinen Aufbau ausgestalten.
  • 00:07:46
    Gigantische Arbeit gilt es noch zu leisten.
  • 00:07:49
    Wenn ich nur auch mithelfen könnte!
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    Gott gebe mir Kraft und Können, damit ich an der Stelle,
  • 00:07:58
    wohin mich sein Befehl stellt, froh und nützlich schaffen kann.
  • 00:08:06
    Franz Schall will mitmachen, mitgestalten.
  • 00:08:11
    Aufgewachsen in Altenburg, Thüringen.
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    Bürgerlich-protestantisches Elternhaus.
  • 00:08:17
    Der Vater: Lehrer und Nazi-Gegner.
  • 00:08:23
    Der Sohn lehnt sich gegen ihn auf, will weg.
  • 00:08:27
    Im Frühjahr 1932 zieht er nach Dresden,
  • 00:08:31
    wird Tischlerlehrling.
  • 00:08:37
    Seine Hobbys: Fahrradfahren, Zeichnen, Geige spielen.
  • 00:08:44
    Seine Mission: die Hitler-Jugend auf Vordermann bringen.
  • 00:08:55
    11. Februar 1933.
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    HJ-Kundgebung im Vereinshaus.
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    Überfüllung, Unruhe, Herumlungerei, Disziplinlosigkeit und Krach.
  • 00:09:16
    Was wird aus der Hitler-Jugend Dresden?
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    Die einzige Frage.
  • 00:09:23
    Ich suchte Klarheit in der freien Natur.
  • 00:09:31
    In Stolpen ließ ich mein Rad im Parteiheim,
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    trank am Markt in einer Kaffeestube einen Topf Kaffee
  • 00:09:36
    und aß ein Cremeschnittchen dazu.
  • 00:09:41
    Es fehlt an der straffen Organisation.
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    Revolutionär ist nur der, der einer faulen, geistlosen Welt
  • 00:09:49
    eine junge, umstürzende Idee entgegenzuschleudern wagt.
  • 00:09:54
    Und mag alles gegen ihn aufstehen.
  • 00:09:58
    Das ist Revolution.
  • 00:10:02
    Umsturz,
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    Zeitenwende.
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    Ich werde mit eisernem Besen auskehren und alle diejenigen,
  • 00:10:12
    die ausschließlich wegen ihrer roten oder schwarzen Gesinnung
  • 00:10:16
    und zur Unterdrückung aller nationalen Bestrebungen
  • 00:10:19
    in Amt und Würden sitzen, hinausfegen.
  • 00:10:24
    Breslau, schlesische Metropole.
  • 00:10:28
    40 % NSDAP-Wähler.
  • 00:10:33
    Die Stadt mit der drittgrößten jüdischen Gemeinde
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    im deutschen Reich.
  • 00:10:41
    20. Februar 1933.
  • 00:10:45
    Heute ist Trudis Geburtstag.
  • 00:10:48
    Sie wird 32 Jahre alt.
  • 00:10:51
    Wir haben uns gestern über manches ausgesprochen, was mich bedrückt,
  • 00:10:56
    und so ist mir leichter geworden.
  • 00:10:59
    Ich habe Trudi gesagt, wie schwer es mir oft wird, alles zu ertragen,
  • 00:11:04
    und wie hilflos ich oft dem Daseinskampf gegenüberstehe.
  • 00:11:13
    Wilhelm Cohn, 44.
  • 00:11:16
    Wilhelm nennt ihn keiner, alle nennen ihn Willy.
  • 00:11:20
    Ein deutscher Jude.
  • 00:11:23
    Im Weltkrieg gekämpft,
  • 00:11:26
    das Eiserne Kreuz im Schrank.
  • 00:11:29
    Trudi, eigentlich Gertrud, seine zweite Frau.
  • 00:11:32
    12 Jahre jünger als er.
  • 00:11:36
    Die Töchter: Ruth, 8, und Susanne Auguste, Susannchen,
  • 00:11:41
    die in zehn Tagen ein Jahr alt wird.
  • 00:11:47
    Zwei Söhne aus erster Ehe.
  • 00:11:51
    Er ist Lehrer: Geschichte, Deutsch, Erdkunde.
  • 00:11:57
    SPD-Mitglied.
  • 00:12:00
    Schon seit seiner Jugend schreibt Willy Cohn Tagebuch.
  • 00:12:10
    Widerwärtige Naziplakate von größter geschichtlicher Verlogenheit
  • 00:12:14
    kleben an den Anschlagsäulen.
  • 00:12:17
    Selbst für die Inflation macht man die SPD verantwortlich.
  • 00:12:21
    Man stellt alles auf den Kopf.
  • 00:12:32
    In einer Zeitung stand: "An allem Unglück sind die Juden schuld."
  • 00:12:37
    Ekelhaft.
  • 00:12:39
    Es ist trotz all dem schwer,
  • 00:12:41
    sich die Liebe zu Deutschland aus dem Herzen zu reißen.
  • 00:12:46
    Man müsste es eigentlich.
  • 00:12:53
    * bedrohliche Geräuschkulisse *
  • 00:12:57
    28. Februar.
  • 00:13:00
    Heute früh hörte ich als Erstes, dass der Reichstag brennt.
  • 00:13:04
    Widerlichster Terror gegen die gesamte Linke setzt ein.
  • 00:13:12
    Grundrechte werden ausgesetzt.
  • 00:13:15
    Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit.
  • 00:13:25
    Durch die neuen Notverordnungen ist uns ja der Mund versiegelt.
  • 00:13:30
    Alles ist Landesverrat, auf alles steht die Todesstrafe.
  • 00:13:34
    Man kommt sich in diesen Tagen wie im Krieg vor.
  • 00:13:42
    * 30er Jahre Musik *
  • 00:13:44
    Am Tag vor der Reichstagswahl feiert Gisela,
  • 00:13:47
    die Tochter von Luise Solmitz, ihren 13. Geburtstag.
  • 00:13:56
    Gisela droht: "Dass du mir Hitler wählst!
  • 00:14:00
    Ich wünsche es mir zum Geburtstag.
  • 00:14:02
    Wehe, wenn du es nicht tust.
  • 00:14:04
    Ich werde sehr böse.
  • 00:14:07
    Ach, wenn ich doch nur selbst Hitler wählen dürfte!"
  • 00:14:17
    5. März 1933.
  • 00:14:21
    Endlich: ein Sieg, den wir alle, die vaterländisch Gesinnten,
  • 00:14:26
    für Hitler erstritten haben.
  • 00:14:28
    Es lag Jubel, Erlösung, Frühling, Rausch in der Luft.
  • 00:14:34
    Der brennende Reichstag hat der Wahl unendlich genützt.
  • 00:14:41
    Hitler gewinnt die Wahl.
  • 00:14:44
    Die Machtverhältnisse haben sich radikal verschoben.
  • 00:14:49
    * düstere Klänge *
  • 00:14:57
    7. März 1933.
  • 00:15:01
    Nachmittags fuhr ich im Eiltempo zum Rathausplatz.
  • 00:15:06
    Alles wartete auf das Hissen unseres heiligen Banners.
  • 00:15:11
    Und plötzlich flatterte die riesige Fahne,
  • 00:15:13
    die die SS herausgesteckt hatte.
  • 00:15:17
    Großer Jubel.
  • 00:15:21
    So wird dieses Symbol von den Rathäusern der Städte,
  • 00:15:25
    von den Ministerien der Länder flattern, mit dem einen Ziel,
  • 00:15:30
    den dieses Banner kündet:
  • 00:15:34
    Deutschlands innere und äußere Auferstehung.
  • 00:15:41
    Franz Schalls Euphorie gefällt nicht allen.
  • 00:15:44
    Für seinen Tischlermeister ist der Jung-Nazi ein Unruhestifter,
  • 00:15:49
    der die Lehre schleifen lässt.
  • 00:15:53
    Der Meister hielt wieder einmal eine Predigt:
  • 00:15:57
    Wie ein Mönch soll ich mich nur dem Beruf hingeben.
  • 00:16:01
    Ja, Meister, als du jung warst, da konnte man das machen.
  • 00:16:07
    Ihr hattet die Sorgen nicht wie wir, euch ging es ums Geld,
  • 00:16:12
    uns geht's um unser Deutschland.
  • 00:16:20
    Breslau, 9. März.
  • 00:16:22
    Das Bild der Stadt ist ganz verändert dadurch,
  • 00:16:25
    dass von allen öffentlichen Gebäuden Hakenkreuzflaggen wehen.
  • 00:16:31
    Wie unsereinem zumute ist, wenn diese Flagge gepriesen wird,
  • 00:16:35
    und sei es nur unter Druck.
  • 00:16:38
    Diese Flagge, unter der wir Juden
  • 00:16:40
    aufs Schwerste beschimpft wurden und werden.
  • 00:16:46
    Die Menschen sind wie in einem Taumel.
  • 00:16:52
    In Wittlich in der Eifel leben über 7.000 Menschen,
  • 00:16:56
    darunter 280 Juden.
  • 00:17:00
    Es gibt jüdische Rechtsanwälte und Ärzte,
  • 00:17:03
    30 jüdische Geschäfte und Unternehmen.
  • 00:17:07
    Matthias Mehs in seinem Tagebuch:
  • 00:17:12
    1. April 1933.
  • 00:17:16
    Ich verzeichne heute das Menschenunwürdigste,
  • 00:17:19
    was ich je erlebt habe.
  • 00:17:24
    Um 10 Uhr marschierten SA-Männer
  • 00:17:26
    mit zehn oder zwölf großen Schildern in die Stadt.
  • 00:17:29
    Auf den Schildern standen Schriften wie etwa: "Hier wohnt ein Jude,
  • 00:17:34
    meide seine Bude!",
  • 00:17:36
    oder: "Die Juden sind an unserm Unglück schuld".
  • 00:17:47
    Gewiss, der Jude, speziell der zersetzende jüdische Geist,
  • 00:17:51
    hat sich zu breit gemacht, man soll ihn in seine Schranken verweisen.
  • 00:17:56
    Aber was wir heute sehen und erleben,
  • 00:17:59
    hat mit Anstand, mit deutschem Wesen,
  • 00:18:01
    mit Menschlichkeit nichts mehr zu tun.
  • 00:18:05
    Es ist einfach Barbarei.
  • 00:18:07
    * 30er Jahre Musik *
  • 00:18:12
    Auch Luise Solmitz geht der Boykott zu weit.
  • 00:18:15
    Sie ist das erste Mal von Hitler irgendwie enttäuscht.
  • 00:18:23
    Ein bitterböser Aprilscherz heute,
  • 00:18:26
    der uns noch jahrelang zu tun geben wird.
  • 00:18:31
    Um 10 Uhr wurden die "Posten" bezogen.
  • 00:18:34
    Hässliche rote Plakate kennzeichneten die jüdischen Läden.
  • 00:18:38
    "Kauft nicht beim Juden."
  • 00:18:41
    Man schämte sich vor jedem bekleisterten Geschäft.
  • 00:18:48
    Ich sehe schwarz und schwärzer.
  • 00:18:51
    Hitler, ach du Großer, was tust du?
  • 00:18:55
    * Streichmusik *
  • 00:19:02
    Viele Juden sollen gefasst sein,
  • 00:19:04
    die samt Koffer und Moneten per Bahn aus Deutschland fliehen wollten.
  • 00:19:09
    Sie sind im Volkshaus kaserniert
  • 00:19:11
    und dürfen u. a. Treppen scheuern.
  • 00:19:16
    Ich fuhr mit Geige zu meinem Schulkameraden,
  • 00:19:18
    wo wir zu zweit das Largo von Händel spielten.
  • 00:19:23
    * Streichmusik *
  • 00:19:28
    13. April 1933.
  • 00:19:32
    Heute las man in der Zeitung
  • 00:19:34
    von der "Entfernung" jüdischer und marxistischer Lehrer.
  • 00:19:39
    Wir werden entfernt wie ein eingewachsenes Haar.
  • 00:19:45
    Gewiss, man tötet uns nicht.
  • 00:19:48
    Aber man quält uns seelisch,
  • 00:19:51
    gräbt uns jede Existenzmöglichkeit systematisch ab.
  • 00:19:59
    Mit Wölfl am Vormittag spazieren gegangen.
  • 00:20:03
    Er wird nun wohl auch weggehen.
  • 00:20:06
    Ein sehr schwerer Entschluss, aber es bleibt kaum etwas anderes übrig.
  • 00:20:15
    Willy Cohns 18-jähriger Sohn Wolfgang, Wölfl,
  • 00:20:18
    verlässt Deutschland Richtung Paris.
  • 00:20:23
    Er hat eine Morddrohung erhalten.
  • 00:20:25
    Ein ehemaliger Mitschüler,
  • 00:20:27
    der angeblich wegen Wölfl von der Schule geschmissen wurde,
  • 00:20:31
    ist jetzt SA-Mann.
  • 00:20:37
    18. April 1933.
  • 00:20:41
    Wölfl ist nun fort.
  • 00:20:44
    Man möchte nicht aufschreiben und ausdrücken,
  • 00:20:47
    wie einem Vater in diesem Augenblick zumute ist.
  • 00:20:53
    Trudi drängt ja immer sehr mit dem Auswandern.
  • 00:20:56
    Ich sehe für uns und für das, was ich kann,
  • 00:20:58
    keine großen Möglichkeiten.
  • 00:21:01
    Ich möchte nicht noch einmal ganz von vorne anfangen.
  • 00:21:05
    Hier kann und bin ich etwas.
  • 00:21:08
    Ob ich es da noch einmal zu etwas bringen sollte,
  • 00:21:11
    bleibt doch dahingestellt.
  • 00:21:19
    Gedanken in unsicheren Zeiten.
  • 00:21:22
    * 30er Jahre Musik *
  • 00:21:26
    18. Mai 1933.
  • 00:21:29
    Für heute Morgen 10 Uhr war eine Försterversammlung angesagt.
  • 00:21:35
    Um 8 Uhr sprach ich noch mit dem Besteller,
  • 00:21:37
    der die Besucherzahl mir auf mind. 30 angab und um Bereithaltung
  • 00:21:42
    von Fleischbrühe, warmen Würstchen usw. bat.
  • 00:21:49
    Es wurde 10 Uhr und niemand kam.
  • 00:21:54
    Dann erschien der Hilfsförster, um mitzuteilen,
  • 00:21:57
    dass die Förster beschlossen hätten, in das Lokal der Nazis zu gehen.
  • 00:22:03
    So geht es.
  • 00:22:07
    Nicht nur die Juden,
  • 00:22:09
    auch die Christen, die keine Nazis sind,
  • 00:22:11
    die ihre Gesinnung nicht wechseln können wie ein Hemd,
  • 00:22:14
    werden boykottiert: aus Feigheit,
  • 00:22:19
    aus Angst.
  • 00:22:24
    Ihre Begeisterung für Hitler
  • 00:22:26
    hat Luise Solmitz bisher blind gemacht für die Gefahren,
  • 00:22:29
    die der Nationalsozialismus für ihre Familie bedeutet.
  • 00:22:34
    Friedrich Solmitz, Fredy, ist getaufter Christ,
  • 00:22:37
    hat aber jüdische Wurzeln.
  • 00:22:41
    Nicht einmal die Tochter weiß etwas davon.
  • 00:22:46
    Gisela kommt mir immer wieder, sie möchte in die Hitlerjugend.
  • 00:22:52
    Nein, den Grund kann ich ihr nicht angeben.
  • 00:22:59
    Gisela ist Judenhasserin.
  • 00:23:02
    Fredy schweigt, ich schweige.
  • 00:23:07
    * Läuten *
  • 00:23:11
    In Giselas Schule wird ein Ariernachweis verlangt.
  • 00:23:16
    Eine Erklärung, dass sie nicht-jüdischer Abstammung ist.
  • 00:23:23
    Aus Giselas Sicht gar kein Problem.
  • 00:23:28
    20. Mai 1933.
  • 00:23:32
    Es wurde ein Schicksalstag für uns.
  • 00:23:37
    Gisela kam aus der Schule,
  • 00:23:39
    "Bin ich Arier?" und legte Fredy einen Schein vor.
  • 00:23:45
    "Meine Tochter Gisela Solmitz ist arischer/nicht-arischer Abstammung.
  • 00:23:50
    Nicht Zutreffendes ist zu durchstreichen."
  • 00:23:56
    Ein Blick, "Du durchstreichst ja das Verkehrte!"
  • 00:24:01
    Das Kind war schneebleich.
  • 00:24:05
    Ein Kind, so deutsch erzogen,
  • 00:24:08
    so voll von Glauben und Begeisterung für Hitler,
  • 00:24:11
    wird plötzlich ausgestoßen aus einer Gemeinschaft,
  • 00:24:15
    in der es sich gleichberechtigt glaubte.
  • 00:24:19
    Nichts auf der Welt geht mir über Mann und Kind.
  • 00:24:23
    Und dennoch weiß ich, dass Hitlers Rassengrundsätze richtig sind.
  • 00:24:33
    Franz Schall in Dresden wird die Tischlerlehre zur Last.
  • 00:24:39
    Nur in seiner Freizeit findet er noch Freude.
  • 00:24:42
    Er ist jetzt Ausbilder bei der Hitler-Jugend.
  • 00:24:51
    Früh Rad putzen, gegen 2 Uhr "Haus der deutschen Jugend".
  • 00:24:56
    Hier kurze Besprechung, dann weiter zur Ausbildungsgefolgschaft.
  • 00:25:01
    Marschierte mit ihnen in die Heide.
  • 00:25:05
    Auch den Jungs hat's gefallen
  • 00:25:07
    und für mich war es das Schönste am ganzen Tag.
  • 00:25:11
    In dieser Aufgabe könnte ich aufgehen.
  • 00:25:18
    Ich ringe jetzt um Klarheit, wo Beruf und Bewegung sich ergänzt.
  • 00:25:28
    Neue Zeiten auch im Hause Mehs.
  • 00:25:36
    Das Marialein wünscht sich eine braune Uniform.
  • 00:25:41
    "Willst du lieber ein Engelskleidchen
  • 00:25:43
    oder ein Hitlerkleid?", fragte ich dagegen.
  • 00:25:47
    "Ein Hitlerkleid!", lautet die Antwort.
  • 00:25:50
    "Und du, Vater, musst auch einen Hitleranzug kriegen,
  • 00:25:53
    dann kann ich mit dir spazieren gehen."
  • 00:26:02
    So hat Hitler sich schon in den kleinsten Seelchen festgesetzt.
  • 00:26:14
    Der Gasthof Mehs liegt in Nähe des Bahnhofs.
  • 00:26:20
    Die Straße führt zum Wittlicher Strafgefängnis.
  • 00:26:30
    Heute Mittag traf wieder ein großer Zug Schutzhaftgefangener ein.
  • 00:26:35
    Man konnte das Grauen kriegen, wenn man die Leute sah:
  • 00:26:39
    finstere, verbitterte Gesichter.
  • 00:26:48
    Die Nazis errichten die ersten Konzentrationslager.
  • 00:26:54
    Politische Gegner werden inhaftiert.
  • 00:27:01
    Wie der Führer, unser Volkskanzler Adolf Hitler, wiederholt betont hat,
  • 00:27:07
    ist der Reichsregierung jeder zur Mitarbeit willkommen,
  • 00:27:10
    der sich zu Deutschland bekennt.
  • 00:27:13
    Jeder aber, der sich gegen Deutschland wendet,
  • 00:27:17
    soll wissen, dass er als Feind des Volkes
  • 00:27:20
    aus der Volksgemeinschaft ausgemerzt wird.
  • 00:27:26
    Die Zentrums-Partei löst sich im Juli auf.
  • 00:27:29
    Damit ist Matthias Mehs sein Mandat als Stadtverordneter,
  • 00:27:33
    das er seit vier Jahren hatte, erst mal los.
  • 00:27:38
    Doch die NSDAP in Wittlich
  • 00:27:41
    will auf die Mitarbeit erfahrener Kommunalpolitiker nicht verzichten.
  • 00:27:45
    Mehs überlegt.
  • 00:27:49
    Mit den Nazis hat er eigentlich nichts am Hut.
  • 00:27:55
    14. August 1933.
  • 00:27:58
    Der Hitler-Gruß ist jetzt allgemein eingeführt.
  • 00:28:02
    Ich habe mich seiner bis heute noch nicht bedient,
  • 00:28:05
    weil sich etwas in mir dagegen sträubt.
  • 00:28:09
    Durch diesen Gruß soll über die Nicht-Nazis triumphiert werden.
  • 00:28:15
    Auch in der Schule ist er eingeführt,
  • 00:28:17
    das "Grüß Gott" abgeschafft.
  • 00:28:23
    Es ist zu überlegen, ob man aus Klugheit nicht doch mitmachen soll.
  • 00:28:30
    Nur drei Wochen später steht Mehs
  • 00:28:32
    in einer Stadtratssitzung mit dem Bürgermeister vor der Entscheidung.
  • 00:28:40
    "Meine Herren, ich eröffne die Sitzung mit dem Gruß: Heil Hitler."
  • 00:28:44
    So beginnt Neuerburg und streckt die Hand aus.
  • 00:28:49
    Wir tun dasselbe, aber wortlos.
  • 00:28:54
    Ich habe nun zum ersten Mal die Hand zum deutschen Gruß erhoben.
  • 00:29:04
    Inge Thiele ist 19,
  • 00:29:06
    Gärtnerin in Solingen im Bergischen Land.
  • 00:29:10
    Ihr Name wurde auf Wunsch ihrer Tochter geändert.
  • 00:29:16
    Am 2. September 1933 beginnt sie, ein Tagebuch zu schreiben.
  • 00:29:24
    Ich möchte meinen Alltag mit seinen Freuden und Leiden hier wiedergeben.
  • 00:29:28
    Nur ein kleiner Mensch mit großen Wünschen
  • 00:29:31
    will hier seinen Weg beschreiben.
  • 00:29:39
    Inge Thiele kommt von unten, aus armen Verhältnissen.
  • 00:29:45
    Die Mutter ist ständig krank, der Vater arbeitslos, vier Geschwister.
  • 00:29:53
    Sie ist von Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet nach Solingen gezogen,
  • 00:29:58
    weg von zu Hause, raus aus der Enge.
  • 00:30:07
    5. September 1933, ein warmer Septembertag.
  • 00:30:14
    Ich stolziere mit nackten Armen und Beinen umher.
  • 00:30:17
    Mein Körper ist ganz auf Licht und Sonne eingestellt.
  • 00:30:24
    Wenn sich die ganze Wirtschaft kehrt,
  • 00:30:26
    werden auch die Frauen wieder aus den Berufen verschwinden.
  • 00:30:30
    Bis jetzt war es eine Lebensnotwendigkeit,
  • 00:30:33
    wenigstens für unsere Kreise.
  • 00:30:37
    Die Regierung gibt sich Mühe,
  • 00:30:39
    den Berufsmädeln die Hausarbeit wieder näherzubringen
  • 00:30:42
    und den Hausfrauen- und Mütterberuf begehrenswerter zu machen.
  • 00:30:53
    Ich klettere seit ein paar Tagen in den Pflaumenbäumen herum,
  • 00:30:56
    um den ungeheuren Pflaumensegen des Jahres zu ernten.
  • 00:31:02
    Ich sehe nur noch Pflaumen, alles blau.
  • 00:31:07
    Im Traum schaukele ich noch in Baumkronen.
  • 00:31:18
    Mutterschaft und Hausarbeit, bisher nicht ihr Lebenstraum.
  • 00:31:22
    Aber warum nicht.
  • 00:31:26
    Wenn man nur den richtigen Mann dazu findet.
  • 00:31:32
    Doch jetzt will sie erst einmal auf eigenen Füßen stehen.
  • 00:31:37
    So viel Geld verdienen, dass man etwas sparen
  • 00:31:40
    und sich was leisten kann.
  • 00:31:44
    Ein neues Kleid.
  • 00:31:48
    Wer uns armem Volk aus dem Dreck hilft, den werde ich anbeten,
  • 00:31:53
    das wird mein Gott sein.
  • 00:31:58
    Gestern Abend wurde eine Rede Adolf Hitlers
  • 00:32:01
    auf allen Sendern übertragen.
  • 00:32:03
    (Hitler) ... diese Sammlungen.
  • 00:32:05
    Du hast nie den Hunger kennengelernt,
  • 00:32:08
    sonst wüsstest du, wie lästig der Hunger ist!
  • 00:32:12
    Hitler lässt nicht locker.
  • 00:32:14
    Es ist notwendig, nun die große Not zu lindern.
  • 00:32:18
    Denn all die Bedürftigen, gleich welcher Gesinnung,
  • 00:32:21
    sollen vom Winterhilfswerk erfasst werden.
  • 00:32:27
    Haus- und Straßensammlungen für arme Volksgenossen.
  • 00:32:31
    Das kommt gut an.
  • 00:32:35
    Über 1,5 Mio. Helfer machen mit,
  • 00:32:37
    v. a. die Hitler-Jugend und der Bund Deutscher Mädel.
  • 00:32:47
    Ich will dem BDM beitreten.
  • 00:32:50
    Wer jetzt nicht organisiert ist, wird allmählich ein Außenseiter.
  • 00:32:56
    Und das will ich nicht.
  • 00:33:09
    Breslau, 8. Januar 1934.
  • 00:33:14
    Trudi war am Nachmittag bei Dr. Braun.
  • 00:33:17
    Sie ist sich nicht klar darüber, ob etwas "Kleines" unterwegs ist.
  • 00:33:22
    Ich würde mich trotz der schwierigen Verhältnisse freuen,
  • 00:33:26
    denn ich habe eine große Freude an den Kindern.
  • 00:33:32
    Ein Kind in ungewisser Zeit.
  • 00:33:35
    Willy Cohn wurde gekündigt, aus dem Schuldienst entlassen,
  • 00:33:39
    weil er Sozialdemokrat war.
  • 00:33:42
    Er hält sich und die Familie mit wissenschaftlichen Vorträgen,
  • 00:33:46
    Aufsätzen und Privatstunden über Wasser.
  • 00:33:57
    4. Februar 1934.
  • 00:34:00
    Glücklich im BDM.
  • 00:34:05
    Auf Kameradschaftsgeist wird besonders Wert gelegt.
  • 00:34:11
    Auf unsere Heimabende freue ich mich.
  • 00:34:14
    Was mich interessiert, finde ich da.
  • 00:34:19
    Politik, freie Aussprache, Sport, Literatur, Gesang, Musik,
  • 00:34:25
    uns allen einen Halt bietend.
  • 00:34:30
    Waldläufe: eine Spezialität im BDM.
  • 00:34:34
    Alles zur besseren Gesundung der Jugend.
  • 00:34:39
    Die Verweichlichung soll ausgerottet werden.
  • 00:34:42
    Gestählte, widerstandsfähige Menschen: Grundpfeiler des Staates.
  • 00:34:46
    Für minderwertige Menschen ist kein Platz mehr.
  • 00:34:55
    Ich muss ein Rad haben.
  • 00:34:58
    Etwas habe ich schon gespart dafür.
  • 00:35:06
    Hamburg.
  • 00:35:08
    Noch hat sich in der Schule von Gisela,
  • 00:35:10
    der Tochter von Luise und Fredy Solmitz, nicht herumgesprochen,
  • 00:35:14
    dass Gisela keine arische Abstammung nachweisen kann.
  • 00:35:19
    Aber wie lange wird das so bleiben?
  • 00:35:26
    Wir wissen, dass sich langsam alle Türen des Glücks,
  • 00:35:30
    sei es in Beruf oder Ehe, auch vor Gisela schließen werden.
  • 00:35:36
    Zittern vor jedem Zufallswort, vor jedem Besuch, jedem Brief.
  • 00:35:45
    Was nützt es Gisela, wenn sie sich Mühe gibt in der Schule?
  • 00:35:50
    Sie kann nichts erreichen, nichts werden.
  • 00:35:54
    Man kann uns alles nehmen.
  • 00:35:57
    Was bliebe uns, als Schluss zu machen?
  • 00:36:00
    Und Gisela müsste mit.
  • 00:36:11
    1. Juli 1934.
  • 00:36:14
    Seit ein paar Tagen haben wir den langersehnten Regen.
  • 00:36:20
    Ich singe mir zur Arbeit ein Lied, immer Hitler-Jugend-Lieder,
  • 00:36:25
    trotzdem ich etwas schrecklich Trauriges zu berichten habe.
  • 00:36:31
    SA-Stabschef Röhm seines Amtes enthoben
  • 00:36:34
    und aus der Partei ausgeschlossen.
  • 00:36:36
    * düstere Klänge *
  • 00:36:41
    Die Deutschen werden von der Nachricht überrascht,
  • 00:36:44
    dass ein Putsch vereitelt worden sei.
  • 00:36:46
    Eine "Säuberung" unter den Nazis.
  • 00:36:51
    In SA-Chef Ernst Röhm
  • 00:36:53
    sah Adolf Hitler einen Konkurrenten und Widersacher.
  • 00:36:57
    Unter dem Vorwand, einen Umsturz zu verhindern
  • 00:37:01
    und mit dem Verweis auf Röhms Homosexualität
  • 00:37:04
    ließ er ihn verhaften.
  • 00:37:10
    Die letzte Nacht hatte der Führer selbst
  • 00:37:12
    die "Säuberungsaktion" durchgeführt
  • 00:37:15
    und den verwerflichen Lebenswandel dieser Brüder aufgedeckt.
  • 00:37:20
    Ungefähr zehn von ihnen atmen jetzt nicht mehr, sofort erschossen.
  • 00:37:25
    * Gewitter *
  • 00:37:29
    Auch unser Edmund Heines,
  • 00:37:32
    den man im Bett mit einem Lustknaben getroffen hat.
  • 00:37:38
    Das typische Ende eines Landsknechtes.
  • 00:37:40
    Wer hoch steigt, kann auch tief fallen.
  • 00:37:44
    Uns Breslauer Juden hat er ja besonders gequält.
  • 00:37:53
    Im Zoo mit Susanne war es wieder wunderhübsch.
  • 00:37:56
    Die Tiere machen ihr so viel Vergnügen,
  • 00:37:59
    besonders die Löwen und Affen.
  • 00:38:07
    Nach dem Tod von Reichspräsident Paul von Hindenburg
  • 00:38:10
    übernimmt Hitler die alleinige Macht.
  • 00:38:16
    Der "Führer" reist durch Deutschland.
  • 00:38:20
    Am 17. August 1934 kommt er nach Hamburg.
  • 00:38:25
    Zehntausende sind auf der Straße, unter ihnen Luise Solmitz.
  • 00:38:30
    Sie schreibt in ihr Tagebuch:
  • 00:38:35
    Hitlertag! Hitlerwetter!
  • 00:38:38
    Auf der Straße wogte eine erwartungsfreudige Menge.
  • 00:38:42
    Und dann kam Hitler.
  • 00:38:46
    Nie vergesse ich den Augenblick,
  • 00:38:48
    da er in seiner braunen Uniform langsam an uns vorüberfuhr,
  • 00:38:52
    seinen Hitler-Gruß in der ihm eigenen Weise machend.
  • 00:38:57
    Himmelhoch brandete die Begeisterung.
  • 00:38:59
    Was schreibt die Wirklichkeit für Märchen!
  • 00:39:06
    Es war außerordentlich schwer, sich in den Alltag zurückzufinden.
  • 00:39:13
    (Hitler) So danke ich Ihnen, meine Hamburger,
  • 00:39:17
    für den heutigen Tag.
  • 00:39:21
    Er war für Sie vielleicht ein großes Erlebnis,
  • 00:39:27
    für mich ein noch größeres!
  • 00:39:30
    Sie haben mir Glauben gegeben,
  • 00:39:34
    dass Deutschland nie untergehen wird!
  • 00:39:39
    (Menge jubelt) Heil! Heil!
  • 00:39:42
    Heil! Heil!
  • 00:39:47
    Alles nur Hitler, Hitler, Hitler.
  • 00:39:50
    Hitler kann alles, weiß alles, macht alles.
  • 00:39:54
    Hitler wird das Antlitz der Erde erneuern.
  • 00:40:02
    Die Postwagen, bisher gelb, werden nun rot gestrichen.
  • 00:40:06
    Die gelbe Farbe für die Postwagen ist uralt, uralte Poesie.
  • 00:40:11
    Sie muss jetzt verschwinden vor den nationalsozialistischen Farben.
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    Das zweite Jahr des "neuen Deutschland" geht zu Ende.
  • 00:40:26
    Kein neues Kinderglück für Familie Cohn.
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    Nachdem schon sein ältester Sohn Deutschland verlassen hat,
  • 00:40:35
    bereitet sich nun Ernst auf seine Ausreise nach Palästina vor.
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    Die Kinder in Sicherheit bringen, an einen Ort, der Zukunft hat.
  • 00:40:50
    12. Dezember 1934, Mittwoch.
  • 00:40:54
    Mein Geburtstag.
  • 00:40:57
    Trudi hat mir als schönste Geburtstagsfreude
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    die drei Kinder fotografieren lassen.
  • 00:41:04
    Das Bild ist herrlich geworden.
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    * feierliche Musik *
  • 00:41:16
    1. Januar 1935.
  • 00:41:19
    Den Jahresübergang feierten wir am Stammtisch in der üblichen Weise,
  • 00:41:23
    indem wir gute alte Flaschen leerten: 1925er Domscharzhofberger,
  • 00:41:29
    1925er Wittlicher Calmet,
  • 00:41:33
    1920er Piesporter Falkenberg.
  • 00:41:36
    * heitere Musik *
  • 00:41:42
    Gute Vorsätze?
  • 00:41:44
    Ach, ich stehe davon ab.
  • 00:41:46
    Ich bin froh, wenn ich jeden Tag meine Aufgabe erfülle.
  • 00:41:53
    Meine Wünsche? Allen alles Gute.
  • 00:41:57
    Möge das Kind, das wir Ende März erwarten,
  • 00:41:59
    glücklich zur Welt kommen und die Mutter kräftig und gesund bleiben.
  • 00:42:09
    20. Januar 1935.
  • 00:42:12
    Voriges Jahr hatte ich mir verschiedene Ziele gesetzt.
  • 00:42:16
    Manches ist geglückt: Ein Rad besitze ich.
  • 00:42:21
    Das Klampfe spielen glückte mir nicht,
  • 00:42:24
    und das Sportabzeichen zu gewinnen, hatte ich noch keine Gelegenheit.
  • 00:42:29
    Aber beides muss erreicht werden.
  • 00:42:31
    Dazu kommt für dieses Jahr noch:
  • 00:42:33
    Ostern oder Pfingsten mit BDM auf Fahrt.
  • 00:42:42
    Franz Schall ist fertig mit der Lehre.
  • 00:42:45
    Neue Möglichkeiten.
  • 00:42:49
    Es ist vollbracht.
  • 00:42:51
    Die Gesellenprüfung ist bestanden und ich bin Student der Pädagogik.
  • 00:42:58
    Der Gesichtskreis ist so plötzlich erweitert,
  • 00:43:02
    dass man vorerst wie ein Blinder einhertappt,
  • 00:43:04
    der aus langjährigem Dunkel in das Licht des Tages schaut.
  • 00:43:10
    Er zieht nach Jena.
  • 00:43:13
    Fürs Tagebuchschreiben bleibt dem Studenten Schall keine Zeit.
  • 00:43:18
    Er hört auf damit.
  • 00:43:23
    Erhalten ist ein Brief von Schall an den Vater,
  • 00:43:27
    der von der Gestapo festgenommen
  • 00:43:29
    und der Vorbereitung zum Hochverrat verdächtigt wird.
  • 00:43:33
    * Stift kratzt. *
  • 00:43:38
    Ich habe schon immer gefürchtet,
  • 00:43:40
    dass deine Ablehnung und negative Haltung
  • 00:43:42
    dich in Unannehmlichkeiten bringen würde.
  • 00:43:48
    Ich betrachte die Gegenwart wie jeder Nationalsozialist
  • 00:43:51
    nicht durch eine schöngefärbte Brille,
  • 00:43:53
    sondern sehe seine Fehler und Schwächen wie jeder,
  • 00:43:56
    der offene Augen und Ohren hat.
  • 00:44:00
    Das verpflichtet mich dazu,
  • 00:44:02
    mich umso mehr für den neuen Staat einzusetzen.
  • 00:44:06
    * Jubel und Stampfen im Gleichschritt *
  • 00:44:12
    Nun aber Schluss, die Vorlesung ruft.
  • 00:44:16
    Heil Hitler! Franz Albrecht.
  • 00:44:29
    Pfingsten.
  • 00:44:32
    Inge Thiele freut sich auf die langersehnte Radtour mit dem BDM.
  • 00:44:42
    Mit 14 Mädeln ging die Fahrt los, den Rhein entlang.
  • 00:44:47
    Hinter uns pendelten zwei junge Herren mit ihrem Motorrad.
  • 00:44:54
    Nach den ersten schüchternen Versuchen kam ein Gespräch in Gang.
  • 00:44:59
    Der große blonde Mensch hatte es mir sofort angetan.
  • 00:45:03
    Wenn er lachte, blitzten die Zähne in dem braunen Gesicht.
  • 00:45:07
    Ich war einfach selig.
  • 00:45:10
    Wir gingen bald Hand in Hand.
  • 00:45:13
    Wir küssten uns und tändelten wie verliebte Leute.
  • 00:45:18
    Die folgenden Stunden und Tage waren nur ein Traumwandeln,
  • 00:45:23
    so froh und traurig war ich zugleich,
  • 00:45:26
    dass alles so schnell vorbei war.
  • 00:45:34
    Vor ein paar Monaten wurde Elisabeth geboren.
  • 00:45:38
    Jetzt sind es drei Kinder im Hause Mehs.
  • 00:45:44
    Für Matthias Mehs eine große Verantwortung.
  • 00:45:47
    Das Geschäft muss laufen.
  • 00:45:52
    In vielen Lokalen in Wittlich sind Juden inzwischen unerwünscht.
  • 00:46:01
    Es war nun an der Zeit,
  • 00:46:03
    auch meinerseits die Judenfrage einer Prüfung zu unterziehen.
  • 00:46:08
    Weil den Juden in den anderen Lokalen
  • 00:46:10
    der Zutritt verboten worden war,
  • 00:46:12
    haben sie sich natürlich zu mir hingezogen.
  • 00:46:19
    Im Sommer hatte ich fast jeden Abend schönen Betrieb im Garten.
  • 00:46:23
    Und da ist mir aufgefallen, dass öfters Juden kamen,
  • 00:46:27
    v. a. Jugendliche mit ihren Schicksen,
  • 00:46:30
    setzten sich ausgerechnet unters Licht der Gartenlampe,
  • 00:46:34
    wo sie von jedem gesehen werden mussten.
  • 00:46:40
    Dass dies manchem Beamten unangenehm sein würde,
  • 00:46:43
    mussten die Juden wissen, als wollten sie sagen:
  • 00:46:46
    Hier ist unser Lokal, hier kommt die Regierung nicht gegen uns an,
  • 00:46:50
    hier können wir machen, was wir wollen.
  • 00:46:57
    Und weil die Juden das von Woche zu Woche schlimmer machten,
  • 00:47:01
    habe ich sie wissen lassen, dass es von nun an besser sei,
  • 00:47:05
    wenn wir uns gegenseitig etwas meiden würden.
  • 00:47:15
    Seit der Zeit ist mein Lokal sozusagen "judenrein".
  • 00:47:28
    Überall stößt man jetzt auf die Aufschrift:
  • 00:47:31
    "Juden sind hier nicht erwünscht".
  • 00:47:34
    Der "Stürmer" bringt immer die schönsten Sachen über Juden,
  • 00:47:37
    Dunkelmänner und Meckerer.
  • 00:47:40
    Niemand bringt solche Rassejuden-Gesichter zustande.
  • 00:47:49
    12. September 1935.
  • 00:47:53
    Ein unerhört unflätiges Plakat des "Stürmer"
  • 00:47:56
    klebt an den Anschlagsäulen.
  • 00:47:58
    Das "Mördervolk".
  • 00:48:06
    Es ist schlimm, dass man in einer solchen Umgebung leben muss,
  • 00:48:10
    die solche Beschimpfungen zulässt.
  • 00:48:15
    Obwohl ich mich bemühe,
  • 00:48:17
    von den Dingen so wenig wie möglich innere Notiz zu nehmen,
  • 00:48:20
    konnte ich nicht vermeiden, dass ich in der Nacht davon träumte.
  • 00:48:29
    Willy Cohns zweiter Sohn Ernst hat im Februar Deutschland verlassen.
  • 00:48:38
    Wenn man Kinder so weit weg hat,
  • 00:48:41
    ist man natürlich immer etwas unruhig.
  • 00:48:45
    Und doch bin ich glücklich, dass sie draußen in Freiheit sind,
  • 00:48:49
    wo man keine Pranger-Tafeln durch die Straßen trägt.
  • 00:48:53
    * feierliche Musik *
  • 00:48:57
    Der gegenwärtig in Nürnberg tagende Parteitag der "Freiheit"
  • 00:49:02
    bringt natürlich auch wieder die üblichen Beschimpfungen gegen uns.
  • 00:49:06
    * Jubel und Stampfen im Gleichschritt *
  • 00:49:09
    Am Ende des Parteitages der NSDAP Mitte September 1935
  • 00:49:14
    werden die Nürnberger Gesetze verkündet.
  • 00:49:20
    Mit Bangen erwartet Familie Solmitz die Bestimmungen.
  • 00:49:29
    Hinter allen Gesetzen steht die Partei
  • 00:49:32
    und mit ihr und hinter ihr die deutsche Nation.
  • 00:49:35
    Mitternacht.
  • 00:49:37
    Verkündung der Gesetze im Rundfunk.
  • 00:49:41
    Gisela ist jetzt 15 Jahre alt.
  • 00:49:46
    Gisela wachte noch: "Hat er schon was gesagt?
  • 00:49:50
    Ich habe solche Angst."
  • 00:49:55
    Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen Deutschen
  • 00:50:00
    oder artverwandten Blutes sind verboten!
  • 00:50:04
    * Menge jubelt. *
  • 00:50:08
    (Solmitz) Unser bürgerliches Todesurteil.
  • 00:50:12
    Wer meine Tochter heiratet, kommt ins Zuchthaus - und sie mit.
  • 00:50:17
    (Göring) Sieg Heil! - (Menge) Heil!
  • 00:50:19
    Sieg ... - Heil!
  • 00:50:21
    Wir gehören nicht mehr zu euch, dürfen es nicht.
  • 00:50:26
    Dieses Bewusstsein und dieser Wille
  • 00:50:29
    waren das Endergebnis des Nürnberger Reichsparteitages für mich.
  • 00:50:34
    So leicht, wie sich das denkt und schreibt,
  • 00:50:36
    lebt sich das nicht.
  • 00:50:39
    Unser Kind ist ausgestoßen, ausgeschlossen, verachtet, wertlos.
  • 00:50:46
    Kein Beruf, keine Zukunft, keine Ehe.
  • 00:50:52
    Inge Thiele dagegen ist begeistert von dem "Rassengesetz".
  • 00:50:58
    Alles für die Reinhaltung unseres Blutes.
  • 00:51:02
    Also, ihr Juden: Hübsch auf den Platz,
  • 00:51:05
    den wir, eure Gastgeber, euch zuweisen.
  • 00:51:13
    Man müsste unserem Führer danken für solche wunderbaren Gesetze.
  • 00:51:17
    Und wehe euch, ihr Spötter aus der vergangenen Epoche.
  • 00:51:21
    Wir, die Jugend, sind da. Uns hat der Führer.
  • 00:51:25
    Und sein Glaube und Ziel ist der unsere.
  • 00:51:38
    Eines der in Nürnberg erlassenen Gesetze
  • 00:51:41
    hat für Gastwirt Mehs Konsequenzen.
  • 00:51:46
    Die Hakenkreuzfahne wird Reichsflagge.
  • 00:51:50
    Ich werde mir eine Hakenkreuzfahne anschaffen.
  • 00:51:52
    Jetzt ist es keine Parteifahne mehr.
  • 00:51:56
    Und man legt durch das Heraushängen kein politisches Bekenntnis mehr ab.
  • 00:52:04
    "Das hätte keiner geglaubt", sagte mir ein Bekannter,
  • 00:52:07
    "dass Sie mal eine Hakenkreuzfahne zeigen würden."
  • 00:52:15
    Ende des Jahres werden die ersten Durchführungsverordnungen
  • 00:52:18
    der Nürnberger Gesetze veröffentlicht.
  • 00:52:22
    Gibt es eine Chance,
  • 00:52:23
    dass Fredy doch nicht zu einem Bürger zweiter Klasse wird?
  • 00:52:30
    Ich überflog erst und suchte das vielleicht Tröstliche heraus.
  • 00:52:35
    Und da ist etwas: Der Führer kann Ausnahmen zulassen.
  • 00:52:42
    Die Zeitung braucht Fredy für seinen Brief an den Führer,
  • 00:52:45
    den er eben schreibt.
  • 00:52:48
    Wenn er doch Erfolg hätte!
  • 00:52:51
    * Spule knackt. *
  • 00:52:54
    Während Fredy seinen Brief aufsetzte,
  • 00:52:56
    hörte ich im Wohnzimmer Beethovens sechste Sinfonie.
  • 00:53:02
    Ich saß im Dunkeln,
  • 00:53:04
    Mond und Laternenschein lag auf den weißen Vorhängen.
  • 00:53:08
    Eine wundersame Stimmung,
  • 00:53:11
    und ein Herz, das 100 Gedanken wälzte, nicht wusste,
  • 00:53:16
    ob Bitterkeit, ob Hoffnung die Oberhand behalten sollten.
  • 00:53:20
    * klassische Musik *
  • 00:53:28
    Die Zukunftssorgen bleiben.
  • 00:53:31
    Und die Angst.
  • 00:53:36
    Vorm Zubettgehen sagte mir Gisela:
  • 00:53:39
    Vielleicht bin ich in einem Jahr schon gestorben,
  • 00:53:43
    und keines natürlichen Todes.
  • 00:53:47
    Untertitel: rbb 2025 Kerstin Ettlich
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